Alltag? Der ist hier oben schnell vergessen! Auf 850 Metern liegt die Bergmangalpe, und der Weitblick in den Schlosspark ist einfach großartig: In der Ferne sind die Gipfel der Allgäuer und Ammergauer Alpen wie eine Perlenkette aufgereiht, auch Auerberg und Zugspitze sind zu sehen. Davor breitet sich ein Teppich aus sattgrünen Wiesen und bewaldeten Hügeln aus, in die kleine Dörfer eingebettet sind. Unter einem blühenden alten Birnbaum vor der Hütte liegt das Allgäuer Braunvieh und kaut genüsslich das saftige Gras.
„Wenn ich mich in der Früh mit einem Kaffee vor die Haustüre in die Sonne setze und die Kuhglocken höre, dann gibt es für mich nichts Schöneres, als hier oben zu sein“, schwärmt Katharina Jäger, die zusammen mit ihrem Mann Hansi die Alpe sei 2019 bewirtschaftet. Ihre Hände sind voller Erde, gerade setzt sie frische Geranien in den Trog vor die Terrasse. Die ist heute leer, aber nur weil Ruhetag ist. „Viele stellen sich das Arbeiten auf einer Alpe total romantisch vor, aber es gibt ziemlich viel im Hintergrund zu tun.“ Und ihr Mann ergänzt: „Selbst und ständig.“ Beide sind übrigens Quereinsteiger.
Zuerst war es der von Katharina. Direkt im Dorf unten in Hiemenhofen auf einem Hof groß geworden, war sie oft oben. Mit sechzehn kellnerte sie auf der Alpe, um sich neben ihrer Ausbildung als Krankenschwester etwas hinzuzuverdienen. Drei Dienste im Monat macht sie auch heute noch in der Klinik Kaufbeuren. „Ich habe zwei Traumjobs, und irgendwie muss man ja in beiden Berufen gut mit den Leuten umgehen können und viel Geduld haben.“ Hansi hat schon immer gern gekocht, doch daran, das professionell zu machen, hat der Schreiner nicht gedacht.
Bei uns können sich Menschen in Ruhe begegnen.
Als die Weidegenossenschaft Ruderatshofen einen neuen Pächter für die Bergmangalpe suchte, bewarb sich das Paar spontan und bekam unerwartet den Zuschlag. „Anschließend haben wir bestimmt ein halbes Jahr diskutiert, ob wir unser Geld wirklich in die Alpe investieren und hier etwas ganz Neues starten, anstatt es in ein Haus zu stecken. Aber letztendlich wollten wir es einfach probieren.“ Bis zum Tag der Eröffnung renovierten sie die Alpe nach ihren Wünschen, zogen über den Gasträumen ein und legten mit dem letzten Pinselstrich schon mit der Bewirtung los. „Die ersten Wochen waren voll stressig. Da haben wir erst richtig verstanden, was es bedeutet, eine Gastronomie zu leiten.“
Drei kurze Wanderwege führen von verschiedenen Seiten zur Alpe. Vor allem bei schönem Wetter kommen Einheimische wie Ausflüger hoch, um die Aussicht und das Essen zu genießen. Um die Abläufe besser zu lernen, gab es anfangs eine Brotzeitkarte, jetzt kreiert Hansi Jäger jede Woche neue Gerichte, und er kann das einbringen, was ihm am meisten Spaß macht: mit hochwertigen Produkten „frei Schnauze“ kochen, wie er sagt. Bärlauchknödel, Kässpatzen, Salat mit Ziegenkäse oder auch mal Braten vom Wagyu-Rind – mit ihrer Küche hat sich die Alpe einen Namen gemacht.
„Wir verwenden hauptsächlich bio-zertifizierte Produkte aus der Region. Unsere Händler liegen in einem Umkreis von 25 Kilometern, die Ware kommt möglichst aus maximal 200 Kilometern Entfernung“, erklärt der Koch aus Leidenschaft. So wird zum Beispiel das Gemüse aus Aitrang geliefert, der Romadur aus Ruderatshofen, und das Dinkelmehl für die Kuchen kommt von Katharinas Bruder. Damit auf der Alpe alles reibungslos läuft, helfen um die zwanzig Mitarbeiter als Springer mit, viele sind aus der Verwandtschaft. „Meine Oma war anfangs geschockt, dass wir die Alpe übernehmen. Jetzt backt sie Kuchen, hilft beim Spülen und setzt sich gerne freitags mit zu den Herren an den Stammtisch“, erzählt Katharina. Allgäuer Wirtshauskultur zu pflegen, ist dem Hüttenpaar wichtig. Ihre Alpe soll für Einheimische wie Gäste ein Treffpunkt sein, wo sie sich begegnen können. „Bei uns gibt es ein schönes Miteinander“, finden die beiden. „Wichtig ist, dass die Menschen sich wieder selbst die Zeit geben, zusammenzusitzen und einfach mal gar nichts zu tun.“ Auf der Bergmangalpe scheint dafür genau der richtige Platz zu sein.
Ökomodellregion Ostallgäu
Sie fördert regionale Bioprodukte vom Erzeuger bis zum Verbraucher. Die Bergmangalpe ist aktuell der zweite öko-zertifizierte Gastronomiebetrieb im Ostallgäu. Mehr Infos
Regionalerzeuger
Sie engagieren sich für nachhaltiges Wirtschaften im Ostallgäu wie Katharinas Bruder Andreas vom Demeterhof Aufmuth. Er beliefert die Alpe u. a. mit Landjägern und Heumilchkäse für die Kässpatzen.
Ostallgäuer Genusstage
Gastronomen, Landwirte und Lebensmittelhersteller zeigen, was die Region kulinarisch alles draufhat. Mehr Infos