„Es ist eine superschöne Gegend hier. Die Tenne für ein besonderes Gästekonzept zu nutzen ermöglicht uns, dass sich der Hof selber finanziert und wir ihn erhalten können.“ Ein Buch lesen, das schon Jahre zu Hause liegt, Vinylplatten auflegen und Gleichgesinnte treffen. „Das wird kein klassisches Hotel mit Wellnessbereich. Dafür erleben die Leute, wie es sich anfühlt, mitten in einem Dorf zu sein. All die Gerüche und Geräusche, wie Kühe auf die Weide getrieben werden, Kirchenglocken läuten und Vögel zwitschern.“ Schon mit dem Kauf des Hofes stand für das Paar fest, den ursprünglichen Charakter zu erhalten und ihn autark zu betreiben.
Ein Standbein ist die Kaffeerösterei. „Es war nicht geplant, mein Hobby zum Beruf zu machen, aber als wir den Hof besichtigt haben, kam die Idee dazu. Ihn nur privat zu nutzen, dafür fehlen uns die finanziellen Mittel. Der Hof soll sich wie früher mit der Landwirtschaft selbst tragen.“
Das Gebäude ist typisch fürs Allgäu.
Ein kleiner Wohntrakt mit Garten und ein großer Wirtschaftsteil. Wo einst Kühe gemolken und Heu geschichtet wurde, lagern jetzt Jutesäcke mit Kaffeebohnen aus Südamerika und Afrika, die der Kaffeesommelier hier röstet. Bis zu fünf Tonnen verarbeitet er pro Jahr und vertreibt sie in der Region sowie in seinem Café in Marktoberdorf, das wie die Rösterei „Muckefuck“ heißt – benannt nach dem Kaffeeersatz, den sich die Leute früher aus gerösteten Getreidekörnern aufbrühten.
Mach etwas so, wie es dir selbst gefällt. Dann kommen die richtigen Leute.
Im Café lernten die Oertels neben dem Makler, der ihnen später den denkmalgeschützten Diengshof in Aitrang vermittelte, auch Ramona Riederer von der Allgäu GmbH kennen, die das vom Freistaat geförderte Projekt „Alter Hof sucht neue Liebe“ initiiert hatte. Mit Vorträgen und Seminaren unter anderem zu Bau- und Steuerrecht oder energetischer Sanierung sowie einem großen Netzwerk werden Althofbesitzer inspiriert, die einst landwirtschaftlich genutzten Gebäude „neu“ zu denken und andere Lebens- und Arbeitsformen dafür zu finden. „Sich so ein großes Netzwerk aufzubauen, schafft man in zehn Jahren nicht. Wir haben viele Gleichgesinnte kennengelernt, die mit ähnlichen Themen zu kämpfen haben. Als Hausaufgabe haben wir uns auch gegenseitig besucht und Ideen gesammelt. Das hat uns dabei geholfen, unsere eigene zu konkretisieren.“
Andreas Oertel stellt seine Tasse Kaffee auf den Holzbalken vor der Tenne und schleift eines der vielen Fenster ab. „Jeder Balken, jeder Stein, jede Wand hat mal einen Sinn gehabt. So viele Menschen haben hier schon gelebt. So einen Ort muss man einfach erhalten. Für mich ist das Nachhaltigkeit.“
Mehr Informationen zum Projekt „Alter Hof sucht neue Liebe“ finden Sie hier.
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